Informationen rund um das Vidit VKS 4.5

HMS Gutachter (fs) HMS Aktuell

Das VKS 4.5 ist der Nachfolger des bereits bekannten VKS 3.0 und bringt die Verkehrsüberwachung mit Videodokumentation zur Geschwindigkeits- und Abstandsmessung in das digitale Zeitalter. Das VKS 4.5 hat am 23.09.2019 die Baumusterprüfbescheinigung der physikalisch technischen Bundesanstalt (PTB) erhalten und darf für die polizeiliche Verkehrsüberwachung eingesetzt werden. Das Nachfolgermodell greift dabei auf die baugleiche analoge Tatkamera und die Ident-Kamera des VKS 3.0 zurück, speichert die Videoinformationen jedoch nicht mehr auf einem analogen Videoband, sondern direkt als digitale Falldaten ab.

Das Herzstück des VKS 4.5 bildet die ICone, welche die Komponenten des VKS 3.0 mit dem Sync-Monitor, dem Kodierer und dem Dekodierer in einem vereint und den Digitalisierungsprozess abbildet. Dabei werden die Einzelbilder der Videokameras in sogenannten Sekunden-Paketen zusammengefasst, wobei jedes Einzelbild mit einer Base-64-Codierung im Vollformat als JPEG 2000 Bild gespeichert wird. Ein Sekunden-Paket enthält 25 Tatbilder, 6 Identbilder, mehrere VKS-Vorlagen und eine Datei mit Informationen der 25 Bilder in den VKS-Vorlagendateien. Diese Bildinformationen können durch den Auswerte-PC sowohl als Einzelbilder als auch als zusammengefügte Videodatei exportiert werden. Bei dem Digitalisierungsprozess werden alle Einzelbilder nach dem Welmec 7.2 in der Kategorie F digital signiert, wobei ein asymmetrisches Verschlüsselungsverfahren angewendet wird. Die Authentizität der Bildinformationen kann durch einen Abgleich zwischen dem öffentlichen Schlüssel der Bildinformationen und dem öffentlichen Schlüssel des Auswerte-PC überprüft werden.

Für die Beweismittelanforderung bedeutet dies, dass neben der Tat-Videosequenz ein sogenannter „Vorlagensatz“ angefordert werden sollte. Dieser Vorlagensatz umfasst je nach Geschwindigkeit mehrere der zuvor beschriebenen Sekundenpakete mit allen tatrelevanten Beweisinformationen und einer Software, mit dem die behördliche Auswertung betrachtet werden kann. Neben diesen Daten wird eine XML-Datei mit den vollständigen Einzelbildern im bereits angesprochenen JPEG 2000-Format bereitgestellt. Damit stehen nicht nur reproduzierbare Messdaten, sondern auch Rohmessdaten der behördlichen Auswertung mit entsprechenden Grafikelementen in Form von Messschablonen zur Verfügung. Anhand dieser reproduzierbaren Messdaten kann jede Geschwindigkeits- und Abstandsmessung unabhängig rekonstruiert, nachvollzogen und überprüft werden. Wir als Gutachter sind dadurch in der Lage nicht nur die behördliche Messung auf ihre Korrektheit hin zu überprüfen, sondern auch eigene Analysen im gesamten Mess- und Auswertebereich vorzunehmen.

Dabei können alle abgebildeten Bereiche, die durch die Referenzierung der Messstelle erfasst wurden, ausgewertet werden.

Es ist zu erwarten, dass nach und nach alle bestehenden VKS 3.0 Messanlagen durch das VKS 4.5 ersetzt werden. Dabei dürfen bereits referenzierte VKS 3.0 Messstellen für das VKS 4.5 Messsystem übernommen werden. Es muss lediglich ein Referenzvideo über die ICone in das System eingespielt werden. Aufgabe eines Referenzvideos ist es den Eignungsnachweis der Messstelle für die VKS Analyse zu führen. Bei dieser Referenzierung werden auf dem überwachten Streckenabschnitt Leitpylonen in einem Abstand von 20 m aufgestellt und eingemessen. Über die 4 Passpunkte und die 2 Kontrollpunkte wird sodann ein perspektivisches Gitter aufgespannt. Geprüft wird die Geradheit und die Linearität der Messstelle. Diese Überprüfung kann sich so vorgestellt werden, dass über die Pass- und Kontrollpunkte ein virtuelles Tuch aufgespannt wird, welches dann unmittelbar auf der Fahrbahnoberfläche liegt. Verläuft die Fahrbahnoberfläche in einer Ebene, dann liegen auch die Referenz-Leitkegel allesamt auf einer Ebene, so dass aus der perspektivischen Betrachtung heraus ein gleichmäßiger Abstand zu erwarten ist. Eine solch ideal-ebene Fahrbahn ist in der Prinzipskizze in Abb. 1 dargestellt.

Abbildung 1: Prinzipskizze einer ideal-ebenen Fahrbahn einer VKS Messstelle mit Pass- und Kontrollpunkten sowie der Referenz-Leitkegel.

In der Praxis kommt eine solche ideal-ebene Fahrbahn jedoch eher selten vor, so dass die unter dem Tuch befindlichen Einzelpunkte mal höher oder auch mal niedriger liegen können, was durch Kuppen, Senkungen oder auch Verschwenkungen in der Fahrbahn auftritt. Aus der Sichtlinie der Kamera werden bei einer Senke die Leitkegel auf die Tuchprojektion optisch nach vorne verschoben und bei einer Kuppe optisch nach hinten.

In nachfolgender Prinzipskizze in Abb. 2 ist dieser Zusammenhang grafisch dargestellt.

Abbildung 2: Prinzipskizze einer unebenen Fahrbahn einer VKS Messstelle mit Pass- und Kontrollpunkten sowie der Referenz-Leitkegel, wobei die optische Verschiebung der Referenzkegel auf die Tuchprojektion (in Grün dargestellt) erkennbar ist.

Daher ist es Ziel der Anfertigung des Referenzvideos und der anschließenden Analyse festzustellen, wie stark diese Abweichungen sind und ob die Homogenität der einzelnen Leitkegel noch in einem tolerierbaren Maß liegen, so dass die Messstelle als 2D-Messstelle beurteilt werden kann oder ob zu große Abweichungen vorliegen, so dass eine aufwendigere Messstelleneinrichtung durch Generierung einer 3D-Messstelle erforderlich ist. Durch Einsichtnahme des Referenzvideos kann diese Bewertung der Messstelle unabhängig nachvollzogen werden. Aus rein technischer Sicht muss hierfür jedoch nicht zwangsweise das Referenzvideo in voller Länge bereitgestellt werden, da in der Regel auch ein Einzelbild der Videosequenz mit den dargestellten Referenzleitkegeln ausreichend ist.

Während einer Messung wird der laufende Verkehr kontinuierlich überwacht. Wird vom Messsystem durch die Software ein Verkehrsverstoß in Form einer Geschwindigkeitsüberschreitung und/oder einer Abstandsunterschreitungen registriert, so erfolgt eine Vorselektion mit einer Speicherung des Messablaufs in den bereits angesprochenen Sekunden-Paketen. Die gesammelten Verkehrsverstöße werden auf einen externen Wechselspeichermedium gespeichert. Die eigentliche Messauswertung wird dann auf dem Auswerterechner durch das Bedienpersonal vorgenommen, wobei die Vorselektionen geprüft und ausgewertet wird.