Beweise im Zivilprozess

HMS Gutachter (eb) HMS Aktuell

Informationen zur gerichtlichen Beweiserhebung und -würdigung

Wenn die Parteien nach einem Unfall vors Zivilgericht ziehen bedeutet dies regelmäßig, dass die Parteien bei der Schadenregulierung uneinig sind. Die Positionen werden dann dem Gericht vorgetragen und das Gericht muss eine Entscheidung treffen. Die Beweisfähigkeit eines Sachverhalts spielt dabei oft eine große Rolle.

Tragen die Parteien unterschiedliche Versionen des Sachverhalts vor, so liegen insoweit widerstreitende Tatsachenbehauptungen vor. Das Gericht wird über die umstrittenen rechtlich relevanten Tatschilderungen eine Beweisaufnahme durchführen und anschließend die so erhobenen Beweise würdigen.

Im Zivilprozess gewinnt grundsätzlich die Partei, die ihrer Darlegungs- und Beweispflicht besser nachkommt. Für den Fall, dass die beweisbelastete Partei den Wahrheitsgehalt ihrer Behauptung nicht mit der nötigen Überzeugungskraft beweisen kann, verliert sie den betreffenden Prozessteil.

Beim Zivilprozess setzt grundsätzlich jede Beweisführung einen Beweisantrag einer Partei voraus. Wenn das Gericht dem Antrag stattgibt, findet die Beweiserhebung vor Gericht statt, und zwar beginnend mit der Beweisaufnahme; es folgt die Verhandlung über die Beweisaufnahme und schließlich die Beweiswürdigung durch das Gericht.

Die Beweiserhebung vor einem Gericht findet generell mit den Mitteln des Strengbeweises statt. Diese sind für Zivilprozesse in der Zivilprozessordnung abschließend aufgezählt. Bedeutsam sind u. a. der Sachverständigen- und Zeugenbeweis, die Inaugenscheinnahme und die Parteivernehmung.

Zeugen berichten dem Gericht über Dinge, die sie wahrgenommen haben. Die Beweiserhebung mittels Befragung von Zeugen ist sehr häufig anzutreffen, obwohl Zeugenbeweis bei bestimmten Sachverhalten als sehr unzuverlässig gilt. Dies betrifft in der Regel solche Sachverhalte, in denen die Zeugen von einem Ereignis überrascht werden, z.B. bei einem Verkehrsunfall.

Allzu oft erleben Richter, dass die Zeugen die Sachlage unterschiedlich schildern; manchmal verwickelt sich sogar ein einziger Zeuge in Widersprüche. Zudem haben Zeugen oftmals eine mehr oder weniger starke gesellschaftliche Beziehung zu einer Partei, z.B. durch Nachbarschaft, Kollegenschaft oder sie stehen sogar in einer Abhängigkeit zu einer Partei, z.B. wenn eine Partei ihr Arbeitgeber ist. Das Gericht muss bei seiner Entscheidung die Möglichkeit berücksichtigen, dass die Nähe zu einer Partei sachfremde Interessen des Zeugen begründet. Die Berücksichtigung steht im Ermessen des Gerichts.

Bei widerstreitenden Zeugenaussagen hat das Zivilgericht zwei Handlungsoptionen: Entweder es schenkt dem einen Zeugen glauben und dem anderen nicht oder es sieht die zu beweisende Tatsache als unbewiesen an, wodurch die beweisbelastete Partei das Nachsehen hat. Das Gericht hat an dieser Stelle einen schier unglaublichen Spielraum, in Grenzfällen kann die Entscheidung immer so oder so ausfallen.

Der Sachverständige ermittelt Tatsachen, sofern das Gericht es nicht kann. Beispiel: Todes- und Unfallursachen. Der Sachverständige vermittelt dem Gericht auch fachliche Kenntnisse, damit das Gericht die ermittelten Tatsachen richtig beurteilen kann.

Fehlt dem Gericht die notwendige Sachkunde, so zieht es von Amts wegen einen Sachverständigen hinzu.

Normalerweise tritt die beweisbelastete Partei den Sachverständigenbeweis an, indem sie einen entsprechenden Antrag beim Gericht stellt. Mitunter wird kein Antrag gestellt, z.B. weil die Partei meint, dass die behauptete Tatsache trotz des Bestreitens durch die Gegenseite nicht beweisbedürftig ist. Hält das Gericht ein Gutachten für erforderlich und will es das Gutachten nicht von Amts wegen einholen, so muss es die beweisbelastete Partei auf die Erforderlichkeit eines Gutachtens hinweisen. In diesem Fall muss die Partei selber Beweis antreten, indem sie die Beweiserhebung mittels Gutachten beim Gericht beantragt. Das Gericht kann die Beauftragung eines Sachverständigen davon abhängig machen, dass die beweisbelastete Partei die anfallenden Kosten vorschießt.

Das Gericht legt Art und Umfang der Tätigkeit des Sachverständigen genau fest und es bestimmt auch den Sachverhalt, von dem der Sachverständige ausgehen soll.

Bei einfachen Sachverhalten wird das Gericht oft davon absehen, ein schriftliches Gutachten einzuholen. Stattdessen wird der Sachverständige um eine mündliche Stellungnahme im Rahmen der Verhandlung gebeten. Mitunter organisiert das Gericht die Vernehmung des Sachverständigen vor Ort.

Zur Beweiserhebung ist ein geeigneter Sachverständiger vom Gericht auszuwählen und zu beauftragen. Steht für den Themenbereich ein öffentlich bestellter Sachverständiger zur Verfügung, so ist dieser Sachverständige einem nicht öffentlich bestelltem Sachverständigen vorzuziehen.

Manchmal beauftragt eine Partei bereits im Vorfeld des Prozesses, also außerhalb der Verhandlung, einen Gutachter. Es handelt sich dann um ein Privatgutachten. So ein Privatgutachten ist kein Beweismittel, sondern allenfalls Teil der Sachverhaltsschilderung der Partei. Es ist allerdings als Beweis verwertbar, wenn beide Parteien einverstanden sind. Das kann z.B. aus Gründen der Prozesskostensenkung sinnvoll sein.

Es kommt oft vor, dass eine Partei mit den Ergebnissen des Sachverständigen nicht einverstanden ist oder dass zwei Gutachten vorliegen, die sich widersprechen. Ob das Gericht ein weiteres Gutachten einholt, steht in seinem Ermessen.

Das Gericht macht sich u.U. auch selbst vor Ort ein Bild von den Gegebenheiten. Dazu macht es einen Ortstermin zusammen mit den Parteien. Dieses Beweismittel ist aufgrund seiner Objektivität sehr stark. Das Gericht kann die Augenscheins-Einnahme von Amts wegen anordnen.

Die Parteien werden immer bereits im Vorfeld der Beweiserhebung gehört, denn sie bringen die Tatsachenbehauptungen vor, die im Streitfall auf ihren Wahrheitsgehalt hin überprüft werden müssen. Das ist dann aber noch keine Parteivernehmung, denn die findet erst im Rahmen der Beweisaufnahme später im Prozess statt. Weil die Parteien daran interessiert sind, dass der Prozess zu ihren Gunsten ausgeht, ist dieses Beweismittel sehr schwach.